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Budo - der Weg der Kampfkunst


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Es geht nicht um das Gewinnen. Es geht darum, nicht zu verlieren. Unter anderem. Am besten ist es, nicht kämpfen zu müssen.
Ich wuchs in einer Kleinstadt auf und war dort meist beschützt, abgesehen davon, daß ich wohl zweimal fast ertrunken wäre. An Keilereien oder gar Kämpfe kann ich mich nicht erinnern.

Das änderte sich ein wenig, als ich mit meinen Eltern 1956 in einen kleinen Vorort von Nürnberg umzog. Dort wurden wir erst einmal als Fremde angesehen, als Eindringlinge. Und ich hatte bald Feinde. Sie lauerten mir immer wieder in der kleinen Siedlung auf. Einmal kehrte ich mit einem blauen Auge nach Hause zurück. Und ich mußte immer wieder Angst haben, in eine Falle zu laufen.

Dann entdeckte ich mit etwa 15 Jahren in einer Bravo-Zeitschrift einen Artikel über Kung Fu und daß man locker mit drei Gegnern fertig werden könnte. Das gefiel mir. Doch leider gab es 1966 noch keine Kung Fu Schulen in Deutschland. Dafür Judo-Vereine beziehungsweise Sportvereine, in denen man Judo trainieren konnte. Ich machte das beim "Turnvater Jahn 1860". Ein Jahr lang. Wir übten ausgiebig die Fallschule, das Springen über ausgestreckte Arme, die Vorwärtsrolle über drei Körper hinweg, das seitliche Fallen mit Abklopfen, das auf-den-Rücken-Fallen mit Abklopfen, das Fallen bei Hüft- und Schulterwürfen. Und wir trainierten den Bodenkampf, das Fixieren des Gegners und das wieder-Entkommen.

Dann kamen Johanniter in mein Gymnasium und warben dafür, bei Ihnen die Sanitätsausbildung zu machen, dem Orden beizutreten. Der ritterliche Orden St. Johannis zum Spital zu Jerusalem übte eine starke Anziehungskraft auf mich aus. So entschied ich mich, das Judo zu beenden, um Zeit für die Erste Hilfe- Ausbildung zu haben. Ich wurde Johanniter und blieb dies bis zu meinem 36. Lebensjahr. Im Innersten bin ich es hoffentlich heute noch.
Heißt es nicht in einem der früheren Seagal-Filme "verletzen ist leicht, Heilen dagegen ist schwer!". Beides zu können war etwas, das ich immer wollte.        

Ich war noch Johanniter, als ich 1983 durch einen Freund auf das Kampfsystem "Kun-Tai-Ko" aufmerksam gemacht wurde. Es gibt meines Wissens zwei Übersetzungen für diese Kampfkunst: "Kämpferischer kleiner Körper" und "Die Kunst des Knochenbrechens".
Die Mischung aus Angriff- und Selbstverteidigungstechniken, One Steps und Katas, gefiel mir sehr gut. Auch, dass wir vor dem eigentlichen Training mindestens eine dreiviertel Stunde Aufwärm- und Fitnesstraining machten, das ich dringend nötig hatte. Zudem hatte ich mit dem Trainerpaar Marianne und Walter Smigielski eine starke, persönliche Bindung. Ihnen und Ihrer Verbindung zur IMAF hatte ich auch zu verdanken, dass ich mehrere ausführliche Berichte für das (Karate)Budo Journal schreiben konnte. Ein Höhepunkt war sicherlich die Begegnung mit Walters Lehrer soke Lucien Ott, der das KTK begründet hatte und leider viel zu früh verstorben ist. Eine gute Zeit verbrachte ich auch an der Seite von Richard Weiss, der zuerst Kripobeamter war und sich dann selbständig gemacht hatte. Leider verstarb auch er überraschend und viel zu früh. Hinzu kam, dass ich mich durch einen falsch ausgeführten Sprung so sehr an einem Knie verletzt hatte, dass ich operiert werden musste und eine längere Trainingspause folgte. Sowohl die Todesfälle als auch meine Verletzung hatten aber nichts mit dem Kun-Tai-Ko-System zu tun. Diese Kampfkunst ist in allem sehr effektiv und wurde nicht zuletzt deshalb auch für Polizei, Militär und Bodyguards entwickelt. Somit kann ich dojos, die diese Richtung praktizieren, nur empfehlen.
1997 hatte ich begonnen, an der VHS München einen Intensiv-Sprachkurs Japanisch zu belegen und lernte hier meinen Lehrer Tetsu Tanimura kennen. Er trainierte im TSV Ottobrunn auch shotokan Karate und ich schloss mich ihm an.Tanimura-san´s Verdienst ist auch der seit zig Jahren bestehende "deutsch-japanische Stammtisch", den es auch heute noch gibt.
Mitte 2000 begann mein "transsexueller Weg", dem drei OPs folgen sollte. So befreiend erst einmal die Entscheidung für mich war, nun <als Frau> weiter zu leben, so viel Kraft hat dieser Schritt auch erfordert. Im Zeitraum von 2000 bis Ende 2007 hatte ich schlichtweg keine Zeit und auch noch nicht das Bedürfnis, Sport zu treiben beziehungsweise in ein dojo zurückzukehren.
Das passierte erst Mitte 2008, als ich sah, dass im Stadtzentrum ein neues shotokan Karate dojo seine Arbeit aufnahm: das Suganuma dojo, geleitet von sensei Daniel Wischnewski und Mitglied beim Sportverein Maccabi e.V.. Da ich doch acht Jahre ausgesetzt hatte, war ich mit der Regelung einverstanden, wieder "bei weiß" anzufangen, obgleich ich bei Kun-Tai-Ko den 3.kyu-Grad erreicht hatte.
http://www.suganuma.de

Leider hatte ich vermutlich auch wegen der zugeführten weiblichen Hormone an Gewicht zugenommen und langsam fühlte ich auch mein Alter. Insofern - und weil mir die Gurtfarbe inzwischen ziemlich egal war - trug ich den Grüngurt erst wieder ab 2011. Gerade die Kicks, vor allem mawashi-geris griffen aber wieder meine sowieso beschädigten Kniee an und 2012 verletzte ich mich so, dass ich wieder monatelang ausfiel. Ein Sportarzt ordnete dreimal hintereinander Krankengymnastik an. Nur so konnte ich eine erneute Knie-OP umgehen. Seitdem - und da das Suganuma dojo aus dem Zentrum ausgelagert wurde - trainiere ich gerade nur selten das Karate-System. Einige Techniken übe ich für mich allein.  
Bereits 2010 hatte ich über eine Zettel-Werbung das Aikido dojo mushutoko entdeckt - und damit sensei Hans Gesche. Die Fallschule wurde im Karate kaum trainiert und auch deshalb entschied ich mich für Aikido. Auch ein wenig, weil ich seit dem Film "Nico" Fan von Steven Seagal bin, der fast mein Jahrgang ist. Seagal hat am 11. April Geburtstag. Am 10.04.13 startete seine Doku-Reihe "Lawman" auf RTL II, in denen er etwas von seinem Budo-Wissen an seine Polizeikollegen weitergibt - und damit auch an "uns".

Bild "Kampfkunst:P1180645 zanshin dojo mit hanzo-sensei.jpg"

(Das Foto zeigt den Eingang zum Aikido dojo mit sensei Hanzo Gesche)

Zugegeben sah ich das Aikido anfangs "nur als Ergänzung" zum Karate. Das Training fand nur sonntags in einem Hinterhof-Gymnastikraum von "Jump in" statt. Jedesmal mussten wir erst einmal die Bodenmatten selbst auflegen und dann wieder aufräumen. Das erinnerte mich sehr an mein anfängliches Judotraining. Damals hieß das dojo <mushutoku>, was so viel bedeutet, wie nichts verlangen.  
2011 stand Hanzo-san vor der Entscheidung, eigene Räume für ein eigenes dojo anzumieten. In unserem Viertel. Das konnte ich nur unterstützen, auch wenn nicht alle Räume des dojos meinen Vorstellungen entsprach. Die Küchenzeile ist einfach zu nah vor Duschraum und Toilette... Aber der Übungsraum hatte auch auf mich eine starke Anziehungskraft. Und es ist Hanzo-san gut gelungen, ein japanisches dojo einzurichten, das trotz der vorhandenen Waffen Friede und Harmonie ausstrahlt. Sein Name: zanshin, was vor allem Achtsamkeit bedeutet. Die genaue web-Adresse ist:  
http://www.zanshindojomünchen.de

Ganz im Sinne des Aikido lässt sich hier auch Zen üben. Hauptsächlich aber praktizieren wir "Nishio-Aikitoho" und modernes Aikido. Hanzo-sensei hat einige Techniken praktisch abgeändert, realistisch geprägt. Und so ich Zeit habe, kann ich meine Kareta-katas und einige Grundformen weiter trainieren, auch einige Kun-Tai-Ko-Kombinationen, die ich nicht vergessen habe.  Und weil Knie-freundlicher (trotz der vielen Würfe), ziehe ich Aikido derzeit dem Karate vor. Auch aus Entfernungsgründen. - An der Seite von Hanzo-san praktiziere ich derzeit auch "Nishio-Iaido",  derzeit noch mit dem Bokken.
Seit Januar teilen wir die Räume mit Arnaud Cousergue (15.Dan)und Sandra Elster (13.Dan). Sie unterrichten jeweils Mo und Mi von 20-22 Uhr Bujinkan Ninpo Taijutsu (früher: Ninjutsu). Das Bujinkan besteht aus drei Ninja- und sechs Samuraischulen. Fitness, Achtsamkeit und Ausdauer sind auch hier nötig - wie auch das teilweise Erlernen der japanischen Sprache. Ihre homepage lautet:
http://www.dojomuenchen.de          

Man sollte den "Weg des Budo", einmal richtig betreten, nicht mehr verlassen. Dieser Satz ist nicht von mir. Aber ich denke, dass er die Wahrheit sagt. Auch zu lange Pausen sind nicht gut - was ich als Erfahrung sagen kann.
Und ich finde es wichtig,mehrere Kampfkünste zu studieren. Nicht nur bei Bruce Lee´s Jeet Kun Do konnte man erkennen, wie alles, altes und neues Budo-Wissen zusammenfließt. Vergiß die Gurtfarbe! Der höhere Grad kommt mit der Zeit.  
Zur Zeit lerne ich Wing Chun nach Ip Man. Parallel versuche ich, mir die Grundlagen für Tai Chi anzueignen. Im Garten übe ich immer wieder die 31-jo-kata, die ich von Hanzo Gesche im Aikido gelernt habe. Das Üben und Lernen darf nicht aufhören.